Publikationen
In der europäischen Kultur wird die Natur mit klangvollen Namen bezeichnet: Mutter Erde, Frau Natur, Gaia. Fast immer wird dabei die Natur als weiblich gedacht und dargestellt. Dies findet auch in vielen Bildern seit der Frühen Neuzeitihren Neiderschlag, welche die Natur als Gebärerin und Ernährerin, Erzieherin, Magierin und Hüterin der Welt zeigen. Die antike, kleinasiatische Fruchtbarkeitsgöttin Diana Ephesia war hier das meist bemühte Vorbild. Zugleich wurden gängige Ansichten darüber, was weiblich sei und wie sich Frauen zu verhalten hätten, durch Naturprinzipien legitimiert: Frauen galten als das ‚natürlich’ schwächere Geschlecht gehalten und ihre Gebärfähigkeit wurde als naturgegebenes Lebensziel vorausgesetzt. Diese Vorstellungen und Projektionen werden in vielen Beispielen frühneuzeitlicher Druck- und Buchgraphik ins Bild gesetzt, wie die Ausstellung Mutter Erde an beinahe 100 Exponaten aus den Beständen der Hamburger Staats- und Universitätsbibliothek sowie der Kunstsammlung der Universität Göttingen zeigen kann.
Erschienen im Michael Imhof Verlag, 21 x 27 cm, 336 S., 186 Farb- und 7 S/W- Abbildungen, Hardcover, ISBN 978-3-7319-0548-6.
Das unschuldige Auge
Orientbilder in der frühen Fotografie, Petersberg 2017
Manfred Luchterhandt, Lisa Marie Roemer und Verena Suchy (Hg.)
Als „unschuldiges Auge“ bezeichnete man im 19. Jahrhundert die Linse der Kamera in ihrer Eigenschaft, ein vermeintlich reales Abbild der physischen Welt zu schaffen. Diese heute naiv anmutende Sichtweise gewinnt besondere Brisanz in der bildlichen Repräsentation fremder Kulturen, ist doch die Fotografie zu einem gewissen Grad immer auch arrangiertes Konstrukt und eben kein wertneutrales Abbild. Vor dem Hintergrund dieser Ambiguität des Mediums widmen sich Buch und Ausstellung der Frage, inwieweit das Aufkommen der Fotografie seit 1839 den Blick auf einen mit Wertvorstellungen hochgradig besetzten Kulturraum veränderte und welchen kulturellen, touristischen und kommerziellen Mechanismen sie folgte. Dabei werden auch die unterschiedlichen Erwartungen an das neue Medium, dessen Beitrag zum modernen Weltwissen und schließlich seine Rolle als Instrument von Politik, Wissenschaft, Archäologie und Ethnografie beleuchtet. Themen sind die Arbeit der Fotografen und kommerziellen Studios, fotografische Expeditionen, die Weltausstellungen, das Verhältnis von Fotografie und Malerei, die Selbstrepräsentation osmanischer Eliten, das Bild von Gesellschaft und Religion, die Rolle der Fotografie als Instrument der Orientwissenschaften, aber auch die Nachlässe bedeutender Orientforscher. Den zeitlichen Beginn markiert Napoleons Ägyptenexpedition an der Schwelle zum 19. Jahrhundert, den Abschluss bilden die jüdische Fotografie und der 1911 gedrehte „First Film of Palestine“.
Erschienen im Michael Imhof Verlag, 22 x 25 cm, 320 S. mit 176 Farbabbildungen; ISBN: 978-3-7319-0479-3.
Sichtlich evangelisch.
Die Glasfenster der Jakobikirche in Göttingen von 1900/1901 und die Hannoveraner Glasmalwerkstätten Henning & Andres und Lauterbach & Schröder, Göttingen 2017
Christian Scholl, Harald Storz (Hg.)
Sichtlich evangelisch - das sind in der mittelalterlichen Jacobikirche in Göttingen vor allem die Glasfenster von 1900/01. Im Zuge einer umfassenden Innenrenovierung wurden hier um die Jahrhundertwende reformationsgeschichtliche Ereignisse und reformatorische Glaubensüberzeugungen in Bilder gefasst. Heute zeugen diese Fenster von der ganz eigenen, nicht selten aktualisierenden Sicht auf die Reformationszeit. Gleichzeitig geben sie Einblicke in das eindrucksvolle künstlerische Vermögen der ausführenden Glasmaler. Der vorliegende Katalog stellt diese Fenster zum ersten Mal in umfassender Weise vor. Er erschließt ihre Entwurfsgeschichte, ihr theologisches und künstlerisches Programm sowie ihre gestalterische Ausführung. Weiterführende Beiträge widmen sich der historistischen Renovierung der Jacobikirche, in deren Zusammenhang die Fenster entstanden, sowie dem Schaffen der bedeutenden Hannoveraner Glasmalwerkstätten Henning & Andres sowie Lauterbach & Schröder, das hier erstmals für die Forschung erschlossen wird.
Erschienen im Göttinger Universitätsverlag, DIN A4, 119 S. mit Farbabbildungen; ISBN: 978-3-86395-302-7.
Sturm der Bilder
Bürger, Moral und Politik in den Niederlanden 1515-1616, Göttingen 2016
Ivan Gaskell, Martin van Gelderen (Hg.)
Zwischen 1515 und 1616 erlebten die Niederlande stürmische Zeiten. Humanisten wie Erasmus von Rotterdam und Künstler wie Pieter Bruegel der Ältere und Hendrick Goltzius führten die Renaissance im Norden zu ihrem Höhepunkt. Zeitgleich löste die protestantische Reformation vehemente religiöse Konflikte aus. Der Aufstand gegen die "spanische Tyrannei" Philipps II. und seiner Regierung und der damit einhergehende achtzigjährige Unabhängigkeitskrieg erschütterten die Niederlande in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts zutiefst. Daraus ging die niederländische Republik hervor und es begann das "Goldene Zeitalter".
Sturm der Bilder kommentiert die Druckgraphik aus dieser bewegten Zeit, die nicht zuletzt einen ikonoklastischen Bildersturm zu verkraften hatte. Die interdisziplinär angelegten Essays und der innovative Katalog erkunden und interpretieren Leben und Werk von herausragenden Pamphletisten, Poeten, Künstlern und Kupferstechern wie Lucas van Leyden, Dirck Volckertsz Coornhert, Maarten van Heemskerk, Frans Floris, Pieter Bruegel dem Älteren, Willem van Haecht und Hendrick Goltzius.
IVAN GASKELL ist Professor, Curator und Head des Focus Gallery Project am Bard Graduate in New York.
MARTIN VAN GELDEREN ist Direktor des Lichtenberg-Kollegs und Professor für European Intellectual History an der Georg-August-Universität in Göttingen.
Erschienen im Göttinger Verlag der Kunst, 26 x 21 cm, 188 S. mit 91 Farbabbildungen; ISBN: 978-3-945869-04-8.
Friedrich Overbeck (1789-1869) in Wien.
Unbekannte Zeichnungen aus dem Ostholstein-Museum Eutin, Kiel 2016
Julia Hümme, Michael Thimann
Friedrich Overbeck war ein herausragender Maler und Zeichner der deutschen Romantik. Er gilt heutzutage als Hauptvertreter der Nazarener und wichtiger Erneuerer des religiösen Bildes im 19. Jahrhundert. Vor allem seine Handzeichnungen werden bis auf den heutigen Tag hoch geschätzt. Im Ostholstein-Museum in Eutin befindet sich eine Mappe mit 19 frühen Zeichenblättern Overbecks, die bisher unbekannt geblieben sind. Fast alle diese Blätter entstanden zwischen 1806 und 1809 in Wien, wo Overbeck zusammen mit Franz Pforr die Akademie besuchte. Die Zeichnungen dokumentieren einerseits die zeitgenössischen Verfahren, mit denen dort die Kunst gelehrt wurde; andererseits sind sie aber auch Zeugnisse eines sich mit großer Begabung emanzipierenden Zeichenschülers auf dem Weg zu sich selbst. Die frühromantische Erneuerung der Kunst um 1800 erfolgte aus dem Geist der Handzeichnung. Die hier erstmals vorgestellten Zeichnungen verdeutlichen, welchen Anteil Overbeck an dieser Entwicklung hatte und wie er zur zentralen Figur des "Lukasbundes", dem bedeutendsten Künstlerbund der Romantik, wurde.
Erschienen bei Verlag Ludwig, 29 x 22 cm, 124 S. mit 91 Farbabbildungen; ISBN: 978-3-86935-299-2.
Simon Quaglio.
Theatermalerei und Bühnenbild in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, Berlin 2016
Christine Hübner
In der Außenwahrnehmung des 19. Jahrhunderts wurde die Theatermalerei, das Entwerfen und Ausführen von Bühnendekorationen, meist als Handwerk und unliebsamer Brotberuf für bildende Künstler verstanden; die ausgeführten Bühnenbilder besaßen nur selten den Status eigenständiger Kunstwerke. Die Publikation diskutiert am Beispiel des Münchener Hoftheatermalers Simon Quaglio (1795-1878) erstmals die Theatermalerei in ihrem Status als künstlerische Gattung. So wird sichtbar, wie die Kunstentwicklung und die kunsttheoretischen Diskurse der Zeit einen direkten Einfluss sowohl auf die Ästhetik der Bühnendekorationen als auch auf das Selbstverständnis der Theatermaler genommen haben. Zugleich entsteht dabei ein dichtes Bild der Münchener Theaterpraxis im 19. Jahrhundert.
Erschienen bei De Gruyter, Ars et Scientia, Bd. 15, 24,6 x 18,2 cm, 437 S. mit zahlreichen S/W- und Farbabbildungen; ISBN13: 978-3-11-046064-3.